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Utopien erschaffen

Im Sommer gehört Nina zu Kitrazza, einer von Kindern regierten Stadt in Dresden. „Ich habe hier gefunden, was ich später mal machen will und wie sich das anfühlen sollte.“

Kitrazza

Nina verbringt ihren Sachsensommer auf einem Festival mitten im Dresdner Stadtgebiet – und sie gehört zu den wenigen Personen, die älter sind als zwölf Jahre, sich aber trotzdem auf dem Gelände aufhalten dürfen. Die „Kindertraumzauberstadt“ (Kitrazza) wird jedes Jahr von Kindern gebaut und „regiert“. Erwachsene sind nur als Helferinnen und Helfer zugelassen. In diesem ganz eigenen Kosmos werden sie Kinderstadtmitarbeitende, kurz KiMas, genannt. Dazu gehört jetzt auch Nina. Und sie möchte am liebsten gar nicht wieder gehen: „Ich blühe hier richtig auf!“

In zwei Ferienwochen bauen an die 200 Kinder hier die Stadt ihrer Träume. Wie sie gestaltet sein soll, das wird täglich im großen Zirkuszelt bei der Kinderratsversammlung besprochen. Zu Wort kommen ausschließlich Kinder. „Das Konzept hat mich total angesprochen“, beschreibt Nina, die nächstes Jahr Sozialpädagogik studieren möchte. „Ich habe hier gefunden, was ich später mal machen will und wie sich das anfühlen sollte.“

Nach einer Woche Aufbau kennt sie das Gelände mittlerweile gut. Sie packt überall mit an, wo ihre Hilfe gebraucht wird und ist für die Kinder da. „Ich bin viel im Kreativzelt, male und bastle“, sagt sie und hebt zum Beweis für ihren vollen Körpereinsatz einen Unterarm. Darauf ist mit Filzstift ein Piratenschiff gezeichnet. „Ich hätte das als Kind hier so gefeiert. Und den Kindern tut es richtig gut, sich vollkommen ernstgenommen zu fühlen.“

Nach der ersten Woche habe sich alles gut eingespielt, alle Kinder haben einen Platz gefunden. Nina hat eine Bibliothek mitgebaut – die ist aber schon wieder Geschichte und wurde umgebaut. Dafür gibt es diverse andere Hütten und Häuschen: eine alkoholfreie Bar, einen Pool, das „Haus der Lustigen“, das „Haus der Coolen“ und Kuschelecken. Wonach der Sinn steht, wird angepackt.

„Kinder sind unheimlich aufmerksam und fragen viel. Und sie lernen noch jeden Tag etwas Neues dazu. Mit dem Alter wird das – glaube ich – weniger. Hier werde ich wieder in diese Wissbegier reingesogen“, bemerkt Nina. Diese besondere Atmosphäre empfinde sie als heilsam. Nicht nur zwischen Kindern und Erwachsenen, auch im Team begegne man sich auf Augenhöhe: „Ich bin hier angekommen und habe schnell gemerkt: Wir sind auf einer Wellenlänge“, sagt Nina.

Viele, die heute mithelfen, waren schon als Kinder Gast bei Kitrazza. Auch Ninas Vater hat hier schon mitgeholfen – und seiner Tochter diesen Tipp für ihren Sachsensommer gegeben. Und der Einsatz hat bei ihr viele Gedanken über das Erwachsenwerden und das Kindsein angeregt: Wie begegne ich der Welt? An welche Regeln halte ich mich und warum? Kitrazza wird bleiben – auch wenn die Stadt für dieses Jahr wieder abgebaut ist. „Ich habe etwas wiederentdeckt, was ich schon verloren geglaubt hatte.“